new trinity and unity | Zeichen der Zeit - 29-07-2010


Zeichen der Zeit - 29-07-2010

Was heißt WIDERSTAND im Projekt „Weiße Nelke”,
Aktion „Gemeinschaftsspaten”? Teil II
Von Wilfried Heidt

Liebe Leser, liebe Freunde!

1. Es stand ja die persönliche Begegnung mit Persönlichkeiten des Widerstandes aus der Zeit der drei letzten Jahren des nationalsozialistischen Totalitarismus ganz am Anfang meines eigenen Weges des politischen Engagements; ich habe an früherer Stelle darüber berichtet. Diese Begegnungen mit Axel von dem Bussche und Robert Scholl fielen zeitlich zusammen mit meinem Widerstand gegen die Ende der fünfziger, Anfang der sechziger sich immer bedrohlicher zuspitzende Gefahr der Atom- und Wasserstoffwaffen auf beiden Seiten des Ost-West-Konflikts. Es war dies noch die Zeit der in verschiedenen Weltgegenden oberirdischen Versuche mit diesen Waffen und ein Buch wie dasjenige von Karl Jaspers [„Die Atombombe und die Zukunft der Menschheit"] war ausschlaggebend für die Wahl meines Studienplatzes Basel, denn dort lehrte Jaspers noch Philosophie im hohen Alter von bald 80 Jahren. Ihn wollte ich hören. Sein Thema in meinem ersten Studienjahr hieß „Chiffren der Transzendenz” - also nicht gerade ein politisches Thema. Aber auch nicht so, dass es mich hätte von meiner Mitwirkung in der Ostermarschbewegung gegen die Atomwaffen hätte abbringen können; ganz im Gegenteil war ja das zitierte Buch ein entscheidender Anstoß dafür, mich dieser Bewegung, in welcher ich dann ja auch auf Robert Scholl stieß, anzuschließen. Von der Jaspersschen Transzendenzphilosophie blieb zunächst nichts hängen - mehr das Erlebnis der Art seines Vortrags in hoher Tonlage und die Scharen von behuteten älteren Damen, die in den vorderen Reihen der Universitätsaula an seinen Lippen hingen, aber sicher auch nicht mehr verstanden als ich. Nicht lange Zeit später gingen mir die Lichter auf, warum jedenfalls seine Botschaft im einen Ohr rein und im andern gleich wieder raus ging.

2. Ganz im Gegensatz zu der Botschaft eines anderen Philosophen jener Zeit, des Wiener Agnostikers Günter Anders. Er hatte schon zwei Jahre vor Jaspers „Atombombe” den ersten Band seines Hauptwerkes „Die Antiquiertheit des Menschen” veröffentlicht, das mir aber entgangen war. Hingegen fiel mir gleich in der Anfangszeit meiner Baseler Jahre sein von Robert Jungk [„Heller als tausend Sonnen", 1956] herausgegebener Briefwechsel mit dem Hiroshima-Piloten Claude Etherly [„Off limits für das Gewissen", 1961] in die Hände und ergriff mich so, dass ich mich aufgerufen fühlte, in der Studentenzeitschrift „Kolibri” im November 1962 eine kleine Rezension zu schreiben; es war mein erster veröffentlichter Text.

3. Also: In Zeichen dieser Thematik standen die ersten Schritte meines Weges, des Widerstandes gegen all das, was in Deutschland ausgebrütet wurde und durch Deutschland schließlich die Welt auch ins Verderben des Atomzeitalters stürzte, denn von diesem Land der Dichter und Denker ging ja die Formel E=mc2 [1905, dem Jahr von Steiners „Sozialem Hauptgesetz" !] in die Welt und führte 1938 zur atomaren Kernspaltung, die nur knapp Hitlers Militärs nicht so in die Hände fiel, dass der Diktator sie als erster zur Verfügung gehabt hätte; wenigstens dieses Allerschlimmste blieb der Menschheit dadurch erspart. Trotzdem wahrlich genug Gründe genug zum Widerstand für den gerade volljährig gewordenen jungen Zeitgenossen aus der badischen Metropole Karlsruhe, wo ein Steinwurf von seinem Geburtszimmer entfernt 129 Jahre zuvor in einem anderen Geburtszimmer die Weiche in die Richtung gestellt wurde, dass alles dies sich ereignen konnte und im Sommer 1961 am 13. August mit dem Bau der Mauer in Berlin sozusagen seine vorläufige steingewordene Kulmination erreicht hatte. - Es war mein erster Ferien-Sommer im Ausland - am österreichischen Achensee unweit Salzburgs. Endlich erwachsen!

Da ich mich aber entschlossen habe, nur von solchen biographischen Begebenheiten zu berichten, die zugleich auch karmische Bedeutung haben im Blick auf jene Zusammen­hänge, die wir bei der Sommeruniversität im August im Ganzen besichtigen werden, will ich es auch hier bei dem belassen und alles NurPersönliche unerwähnt lassen und im nächsten Teil dort anschließen, wo dann zum ersten Mal das entscheidende Widerstandmotiv in der Form auftaucht, das bis heute der Kern des ganzen Unternehmens ist, von dem hier berichtet wird.

Mit besten Grüßen
Wilfried Heidt